Sexuelle Selbstbestimmung und Ausbeutung




Rechtsfragen zum neuen Prostitutionsschutzgesetz

Sexuelle Selbstbestimmung und Ausbeutung

Beitragvon howardchance » So 11. Sep 2016, 10:26

Generell und zugegebenermaßen stark vereinfacht, versucht der Gesetzgeber mit diesem Absatz (2) zu § 14 des neuen Prostitutionsschutzgesetzes eine klare Grenze zu schaffen, zwischen dem was erlaubt und dem was verboten ist. Die Einordnung in „schwarz“ und „weiß“ = „verboten“ und „erlaubt“ erfolgt nicht vollständig wertneutral, sondern „orientiert sich an den Vorgaben des Grundgesetzes im Blick auf die Wahrung der Freiheitsrechte und des Rechts auf persönliche und körperliche Integrität."

Mögliche Einschränkungen bei der persönlichen Wahrnehmung des Rechts auf sexuelle Selbstbestimmung, der Schutz vor Ausbeutung und die Menschenwürde stehen dabei an vornehmster Stelle. – Selbst wenn Prostituierte bewusst in Geschäftsmodelle einwilligen, die ihre verbürgten Rechte gefährden, duldet der Gesetzgeber dies nicht oder eben nur bis zu einem gewissen Punkt. – Dies lässt sich hier am Beispiel eines „Gangbangs“, der demnächst in der gewerblichen Form untersagt sein wird, passend aufzeigen: beim „Gangbang“ hat die „Gang“ (also eine Gruppe von Männern) Sex mit einer oder mehreren Frauen.Die beteiligten Frauen haben im Ablauf des Geschehens nicht mehr zu jeder Zeit die Möglichkeit ihren jeweiligen Sexualpartner auszuwählen und sind, selbst wenn sie sich zuvor zum „bangen“ bereit erklärt hatten, nicht mehr unmittelbar in der Lage, den Ablauf der Aktion zu steuern. Hier ist die sexuelle Selbstbestimmung nicht mehr oder nur noch sehr eingeschränkt möglich.

Wenn eine private Person zu Hause im stillen Kämmerlein die Selbstbestimmung aufgibt, weil sie aus Neigung den „Gangbang“ auslebt, wird dies nicht gesetzlich beanstandet. Handelt es sich um eine Prostituierte, greift der Gesetzgeber „regulatorisch“ durch, um die Prostituierte notfalls auch vor sich selbst zu schützen.

Ähnliches gilt auch für die bald untersagten „Flat-Rate-Angebote“, bei denen ein Freier bislang für einen Pauschalbetrag mit allen anwesenden Prostituierten Sex haben kann. Jede Frau ist frei verfügbar! Neben den unanständig niedrigen Tarifen, die die Mädels für die „Nummer“ kriegen, was man durchaus als Verletzung der Menschenwürde betrachten darf, kann die Dienstleisterin bei diesem ausgeuferten „all-you-can-fuck“ ihre Sexualpartner ebenfalls nicht auswählen, was ihre Rechte objektiv wieder einschränkt.

Ihre pauschale Einwilligung gegenüber dem Betreiber, ist ihr zwar nicht verboten, aber der Gesetzgeber verbietet es dem Betreiber, Prostituierte in eine solche Position zu bringen, indem er eben derartige „Veranstaltungsformen“ grundsätzlich verbietet! In diesem Zusammenhang gibt es auch noch den Begriff der „Rückholbarkeit der Bereitschaft zur sexuellen Handlung“. Dieser besagt, dass eine Prostituierte zu jeder Zeit vom geschlossenen Dienstleistungsvertrag mit einem Kunden zurücktreten können muss. Wenn sie in eine Leistung zuvor eingewilligt hat und es sich dann plötzlich anders überlegt, hat der Kunde keinen Anspruch auf den „Vollzug“ der Leistung. Diese Rückholbarkeit ist aber bei den beiden hier beschriebenen „Dienstleistungs-Formen“ sicher nicht gegeben und auch wenn sie theoretisch gegeben wäre, würde sie nach der allgemeinen Lebenserfahrung real kaum stattfinden.
howardchance
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